Fünf Weihnachtsmythen, das Christkind der Katholiken.
Wenn es um Weihnachten geht, ist Deutschland seit Langem gespalten. Im eher protestantisch geprägten Norden und Osten bringt der Weihnachtsmann die Geschenke. In katholischen Gegenden übernimmt dies das Christkind. Es gilt deshalb vielen als katholische Erfindung.
Die Geschichte des Christkinds geht jedoch etwas anders. Sie beginnt vor 1700 Jahren mit Nikolaus, einem Bischof, der in Myra lebte (heute: Demre in der Südwesttürkei). Um Nikolaus ranken sich diverse Legenden - er wurde zum Heiligen. Sein angeblicher Todestag, der 6. Dezember, wurde zum Gedenktag. Die Figur St. Nikolaus wurde zum Geschenkebringer der Kinder und zum Schutzpatron der Bettler und Bäcker sowie rund 40 weiterer Berufsgruppen.
Martin Luther ärgerte sich über den Nikolaus-Kult. Der Brauch sei ein "kyndisch ding", erklärte der Reformator, und er setzte aufs Christkind als neuen Gabenbringer. In Bezug auf den 6. Dezember scheiterte Luther damit jedoch, der Nikolaustag wird bis heute weltweit gefeiert. Der heutige Heiligabend aber darf zumindest als Teilerfolg Luthers gelten: Fortan beschenkte das Christkind die Menschen zu Weihnachten. Das Weihnachtsfest, zuvor ausschließlich in der Kirche gefeiert, entwickelte sich zum Familienfest.
Doch das Christkind, die ursprünglich protestantische Erfindung, konnte sich auf Dauer nur in den katholischen Regionen Deutschlands durchsetzen. In den übrigen Gebieten spielte die Figur des blondgelockten Mädchens im weißen Kleid eine immer geringere Rolle, wie der Regensburger Volkskundler Gunther Hirschfelder erklärt. Das Christkind habe einen starken Form- und Funktionswandel durchgemacht und sei im protestantischen Weihnachtsbrauch vom säkularisierten Weihnachtsmann verdrängt worden.
Den Weihnachtsmann als Figur gibt es wohl erst seit dem 19. Jahrhundert. Sie taucht beispielsweise im Lied "Morgen kommt der Weihnachtsmann" von Hoffmann von Fallersleben auf, das 1837 erschien. Der Weihnachtsmann vereint Eigenschaften des Heiligen Nikolaus und seines Knechtes Ruprecht, der als böser Gegenspieler zu St. Nikolaus fungiert.
Der deutsche Weihnachtsmann ist zugleich eng verwachsen mit Santa Claus, dem Weihnachtsmann der Amerikaner. Dieser wiederum geht auf holländische und skandinavische Einflüsse zurück, was unter anderem den Schlitten erklärt, der von Rentieren gezogen wird.
In: Spiegel-Online, 2014 (schon ein älterer Artikel, den Autor spar ich mir, ist ja auch wurscht
)