Homer Simpson widerlegt einen der größten Mathematiker der Geschichte
Eigentlich ist die beliebte Serie für seichte Unterhaltung bekannt. Doch in einer Folge erschüttert Homer die Grundfesten der Mathematik, als er ein Gegenbeispiel zum großen fermatschen Satz findet.
Der Plot von »Im Schatten des Genies« klingt nach einer typischen »Simpsons«-Folge: Der Antiheld der beliebten US-amerikanischen Zeichentrickserie, Homer Simpson, kämpft darin mit einer Midlife-Crisis. Wie er enttäuscht feststellt, hat er in seinem Leben noch nichts Nennenswertes geleistet. Daher beschließt Homer, dem berühmten Erfinder Thomas Edison nachzueifern, und versucht seinerseits technische Neuheiten zu entwickeln, was natürlich in einem Desaster endet. Doch wer die 1998 erstmals ausgestrahlte Folge aufmerksam verfolgt, erlebt eine Überraschung – zumindest, wenn man sich mit Mathematik auskennt.
Denn bei genauerem Hinsehen sticht in einer Szene ein besonderes Detail heraus: Homer steht – ganz im Stil eines nerdigen Professors – nachdenklich mit Brille an einer vollgekritzelten Tafel. Neben den obligatorischen Donuts, die nicht nur Homers Leibspeise sind, sondern gerade im Bereich der Topologie eine große Rolle spielen, findet sich eine harmlos anmutende Gleichung: 3987^12 + 4365^12 = 4472^12. Tippt man sie in einen Taschenrechner ein, erweist sie sich offenbar als richtig. Das Erstaunliche: Sie widerspricht einem der etabliertesten Theoreme der Mathematik, dem großen Satz von Fermat.
Der große Satz von Fermat: Ein jahrhundertealtes mathematisches Rätsel
Dieser stammt aus dem 17. Jahrhundert und sieht auf den ersten Blick recht einfach aus: Er besagt, dass die Gleichung x^n + y^n = z^n keine ganzzahligen, positiven Lösungen x, y und z hat, wenn n größer ist als zwei. Wählt man n = 1, dann ist die Gleichung immer erfüllt: Egal, wie man die Werte für x und y wählt, z wird stets ein positives, ganzzahliges Ergebnis sein, zum Beispiel: 3 + 6 = 9. Selbst Homer, der in der Serie häufig als dümmlich dargestellt wird, traut man diese Einsicht zu.
Für n = 2 wird es schon etwas kniffliger, denn die Gleichung wird quadratisch: x^2 + y^2 = z^2. Wenn x und y ganzzahlige Werte haben, muss das nicht notwendigerweise für z gelten, etwa ergibt für x = 1 und y = 2 die Formel 1^2+ 2^2 = 5 – und 5 ist keine Quadratzahl. Das heißt, es gibt zwar eine Lösung für z (die Wurzel aus 5), die ist jedoch nicht ganzzahlig. Dennoch findet man Ausnahmen, für welche die quadratische Gleichung doch eine passende Lösung hat, zum Beispiel: 4^2 + 3^2 = 25 = 5^2
Homer Simpson widerlegt einen der größten Mathematiker der Geschichte
Eigentlich ist die beliebte Serie für seichte Unterhaltung bekannt. Doch in einer Folge erschüttert Homer die Grundfesten der Mathematik, als er ein Gegenbeispiel zum großen fermatschen Satz findet.
Der Plot von »Im Schatten des Genies« klingt nach einer typischen »Simpsons«-Folge: Der Antiheld der beliebten US-amerikanischen Zeichentrickserie, Homer Simpson, kämpft darin mit einer Midlife-Crisis. Wie er enttäuscht feststellt, hat er in seinem Leben noch nichts Nennenswertes geleistet. Daher beschließt Homer, dem berühmten Erfinder Thomas Edison nachzueifern, und versucht seinerseits technische Neuheiten zu entwickeln, was natürlich in einem Desaster endet. Doch wer die 1998 erstmals ausgestrahlte Folge aufmerksam verfolgt, erlebt eine Überraschung – zumindest, wenn man sich mit Mathematik auskennt.
Das lässt sich geometrisch interpretieren, ganz im Sinne von Pythagoras, dessen berühmte Formel Schülerinnen und Schüler wie Lisa und Bart Simpson in der Mittelstufe begegnet: Wenn x^2 + y^2 = z^2 ganzzahlige Lösungen x, y und z besitzen, dann gibt es rechtwinklige Dreiecke, deren Seitenlängen x, y und z ebenfalls ganzzahlige Werte haben. Und wie sich herausstellt, gibt es davon unendlich viele.
Sobald man die Gleichung aber für n = 3 betrachtet, findet man für x^3 + y^3 = z^3 erstaunlicherweise keine einzige ganzzahlige Lösung mehr. Das bedeutet, man kann einen Würfel mit ganzzahligen Seitenlängen z nicht in zwei weitere Würfel aufteilen, die ebenfalls ganzzahlige Seitenlängen (x und y) besitzen. Gleiches gilt für alle weiteren Werte von n.
Fermat behauptet in einer Randnotiz, einen Beweis gefunden zu haben
Der französische Gelehrte Pierre de Fermat (1607–1665) erkannte das schon früh – und behauptete in einer Randnotiz, das auch belegen zu können. In einem Buch des antiken Wissenschaftlers Diophantos von Alexandria notierte er in Latein: »Ich habe hierfür einen wahrhaft wunderbaren Beweis entdeckt, doch ist dieser Rand hier zu schmal, um ihn zu fassen.« Es war nicht das erste Mal, dass Fermat das tat. Tatsächlich hinterließ er zahlreiche ähnliche Hinweise an anderen Stellen. Alle davon konnten andere Fachleute beweisen.
Davon überzeugt, dass auch dieser Beweis einfach zu finden sei, versuchten sich etliche Mathematikerinnen und Mathematiker, darunter namhafte Größen wie Leonhard Euler oder Ernst Eduard Kummer, daran – und scheiterten. Denn wie in dem abstrakten Fach üblich, lässt sich ein Problem nicht notwendigerweise leicht lösen, nur weil es einfach zu formulieren ist.
Tatsächlich dauerte es mehr als 350 Jahre, bis das Rätsel geknackt wurde. Der Geniestreich gelang Andrew Wiles 1994, der das Geheimnis um Fermats großen Satz lüftete. Seine eindrucksvolle Arbeit schlug hohe Wellen: Er entwickelte neuartige Methoden, die zu weiteren bahnbrechenden Entdeckungen in dem Bereich führten. Dafür wurde er unter anderem 2016 mit dem Abelpreis geehrt, einer der höchsten Auszeichnungen in der Mathematik.
Für den Beweis muss man die Algebra, die man aus der Schule kennt, verlassen und in verzweigtere mathematische Gebiete eindringen. Gerhard Frey stellte 1984 die Vermutung auf, dass man aus den Lösungen x, y und z der Gleichung x^n + y^n = z^n für n > 2 eine seltsame Art von Kurve konstruieren könnte: eine elliptische Kurve, für die es allerdings keine Darstellung als Modulform gebe – eine höchst symmetrische Funktion, die im Reich der komplexen Zahlen (mit Wurzeln aus negativen Zahlen) existiert.
Eine andere Vermutung besagt jedoch, dass jede elliptische Kurve sich als Modulform darstellen lässt. Nachdem Ken Ribet 1986 Freys Hypothese bewies, blieb noch die zweite offen: Man musste zeigen, dass jede elliptische Kurve eine dazugehörige Modulform besitzt. Wiles gelang es Mitte der 1990er Jahre, auch diese Lücke zu schließen und damit Fermats großen Satz zu beweisen.
Eine Frage bleibt dabei aber offen: Fermat konnte vor mehr als drei Jahrhunderten nichts von den mathematischen Zusammenhängen gewusst haben, die Wiles in seiner Veröffentlichung genutzt hat. Elliptische Kurven und Modulformen waren damals noch nicht bekannt. Hatte sich der Gelehrte mit der Randnotiz einen Scherz erlaubt? Oder hatte er nur geglaubt, einen Beweis gefunden zu haben, und sich verrechnet? Es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Eventuell existiert eine wesentlich einfachere Beweismethode, die bisher noch niemand gefunden hat.
Widerlegt Homer Simpson den großen fermatschen Satz?
Dass Wiles' Ansatz richtig ist, zweifelt niemand ernsthaft an. Seinen Fachaufsatz haben viele Expertinnen und Experten geprüft, zumal einige seiner Techniken immer wieder aufgegriffen werden, um andere mathematische Zusammenhänge zu offenbaren. Das schmälert die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendwo ein Fehler eingeschlichen haben könnte.
Wie kann es aber sein, dass Homer Simpson in der beliebten TV-Serie ganz beiläufig eine Gleichung an eine Tafel kritzelt, die offenbar den großen Satz von Fermat widerlegt? Schließlich stellt 3987^12 + 4365^12 = 4472^12 eine ganzzahlige Lösung der Gleichung x^n + y^n = z^n für n = 12 dar – und die darf es eigentlich gar nicht geben.
Jetzt kommt endlich meine Frage: Was stimmt an Homer Simpsons Gleichung nicht???